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Auswirkungen des Fischsterbens auf Rügen werden erforscht

10. 03. 2022

Quelle: Nr.059/2022  | 10.03.2022  | LM  | Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt

 

Schwerin/Lietzow (lrg). Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat in seiner aktuellen Sitzung über das Fischsterben im Kleinen Jasmunder Bodden auf Rügen debattiert. Zu Beginn des Jahres starben zahlreiche Fische aus bisher ungeklärter Ursache. Welche Auswirkung das Fischsterben auf das Gewässer und den Fischbestand haben wird, soll nun erforscht werden, erklärt der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus (SPD): „Der gar nicht so kleine Kleine Jasmunder Bodden mit seinen mehr als 2.500 Hektar Fläche hat ein hohes Potenzial für die Wiederansiedlung bzw. das Wiedererstarken der Fischpopulation.

 

Die mit dem Fischsterben einhergegangenen Verluste entsprechen ungefähr der Hälfte des durchschnittlichen jährlichen Ertrags der Berufsfischerei der letzten Jahre für dieses Gewässer. Sollte sich diese Größenordnung bestätigen, wären die Ertragsmöglichkeiten der Berufs- und wahrscheinlich auch der Freizeitfischerei für 2022 zunächst entsprechend vermindert, in den Folgejahren dann in sukzessiv abnehmendem Maße. Neben der zahlreichen Anglerschaft sind hiervon zwei Haupt­erwerbsbetriebe sowie drei Nebenerwerbsfischer betroffen. Es ist schwer zu schätzen, wie schnell sich der Fischbestand aufbauen und das Niveau vor dem Schadensereignis erreicht haben wird. Ob er sich innerhalb einiger Jahre wieder weitgehend erholt haben kann, hängt vom Wachstumspotenzial der einzelnen Arten ab, daneben vom Vermehrungs-, Nahrungs- und Habitatpotenzial des Boddens.

Das Gewässer steht in regelmäßigem, oft langzeitigem Austausch mit dem Großen Jasmunder Bodden bzw. der Rügenschen Boddenkette. Von dort her dürfte sich sehr schnell eine zusätzliche Wiederbesiedlung einstellen. Schon jetzt wandern laichbereite Fische in den Kleinen Jasmunder Bodden ein, der Laichgebiet und Kinder­stube vieler Fischarten ist. Erst mit dem nun einsetzenden Frühjahr werden die biologischen Prozesse im Gewässer wieder an Fahrt aufnehmen und auch erst dann kann der Umfang des Fischsterbens effektiv abgeschätzt werden. Hierzu würden mindestens drei Probebefischungen während der Vegetations­periode im Frühjahr, Sommer und Frühherbst, vorzugsweise begleitet von Sonarscans zur Fischdichteschätzung erforderlich sein. Derzeit wird geprüft, wie dies organisiert und finanziert werden kann.

 

Ich habe darüber hinaus veranlasst, dass in meinem Ressort geprüft wird, wie die regelmäßigen Gewässer­untersuchungen im Rahmen des Küstengewässer­monitorings z.B. unter Einbeziehung von zusätzlichen „Tiefenwasser“-Untersuchungen an der Messstelle im Kleinen Jasmunder Bodden bestimmte Erkenntnis­zugewinne zur Gewässersituation hervorbringen können und wie dies finanziert werden kann. Außerdem wird geprüft, wie eine Konkretisierung des Unter­suchung­sumfanges der im Zuge des WRRL-Maßnahmeprogramms geplanten Machbarkeitsstudie zu Ermittlungszecken, flussgebietsspezifischen Schadstoffen, Monitoring und Maßnahmenfestlegung für den Kleinen Jasmunder Bodden berücksichtigt werden kann.

 

Es gibt viel zu tun, um dem Kleinen Jasmunder Bodden wieder auf die Beine zu helfen – und wir werden viel tun“, so der Minister.

 

 

Von Morten Hübbe

Veröffentlicht am 11. Februar 2022 in der Zeitung Katapult MV

https://katapult-mv.de/artikel/phenol-im-kleinen-jasmunder-bodden

 

Eine aktuelle Schadstoffanalyse deutet auf eine mögliche Ursache des Fischsterbens im Gewässer hin. Ein für Fische giftiger Stoff, so heißt es aus dem Umweltministerium, sei identifiziert worden. Allerdings gelte die Konzentration als sehr gering.

 

Ende letzten Jahres begann im Kleinen Jasmunder Bodden auf Rügen ein massives Fischsterben. Bis heute ist nicht klar, wie es dazu kommen konnte. Erneut kamen in der zurückliegenden Woche Fachleute aus staatlichen Behörden, Landesämtern und engagierten Verbänden und Organisationen zusammen, um über den Zustand des Boddens zu beraten. Dabei wurden die Ergebnisse eines auf Schadstoff­untersuchungen spezialisierten Labors diskutiert. Diese weisen auf einen Stoff hin, der beim Abbau von Holz entstehen kann, aber auch als Chemikalie in der Industrie eingesetzt wird. Seine Herkunft ist unklar.

Man sei noch immer im Konjunktiv und niemand wisse etwas Genaues, sagt Torsten Schulze, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Lietzow, die direkt am Kleinen Jasmunder Bodden liegt. Ob endlich die Ursache für das Fischsterben gefunden wurde, müssen weitere Untersuchungen zeigen. „Der Stoff wurde in einer Konzentration gefunden, die nur ein rundes Tausendstel von dem beträgt, was für Fische giftig ist“, erklärt Schulze. Auf Nachfrage, um welchen Stoff es sich handelt, verweist das Umweltministerium auf die Ergebnisse der Laboranalyse. Ein Phenol wurde im Bodden entdeckt. Dabei handelt es sich um einen normalerweise festen, kristallinen Stoff mit weißer bis gelblicher Farbe. Das Phenol ist schwer entzündbar und praktisch unlöslich in Wasser.

Dennoch gilt der Stoff als wassergefährdend. Von ihm können akute oder chronische Gesundheitsgefahren ausgehen. Bereits 2012 nahm die EU den Stoff in einen Bewertungsrahmen auf, um zu bewerten, wie gefährlich Phenol für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ist. Seit 2017 führt Belgien eine Neubewertung durch. Ein abschließender Bericht steht noch aus.

Falls das Phenol Ursache für das Fischsterben ist, so muss es schon länger im Kleinen Jasmunder Bodden vorhanden sein. Fischer Andreas Zietemann berichtet, dass er bereits Ende letzten Jahres auffällige weiße Stellen im Uferbereich des Boddens bemerkt habe. Ob es sich dabei um das nun entdeckte Phenol gehandelt hat, ist unklar. Zietemann beschreibt die Stellen als eine Art „Pilz oder Schimmel am Untergrund“.


Bergener Kläranlage mit zufriedenstellenden Werten

Wie kommt das Phenol in den Kleinen Jasmunder Bodden, sollte es nicht natürlichen Ursprungs sein? Geht es um die Belastung des Gewässers, richtet sich der Blick immer wieder zur nahe gelegenen Bergener Kläranlage. Nach eigenen Angaben leitet sie über den Teteler Bach täglich gut 6.400 Kubikmeter Abwasser in den Bodden ein. Das entspricht knapp dem durchschnittlichen Jahreswasserverbrauch von 22 Personen in Deutschland.

Die Kläranlage verfügt über drei Reinigungsstufen mit einer anschließenden Zusatzfiltration. Die Selbstüberwachungswerte für November 2021 zeigen ein deutliches Bild: Alle relevanten Grenzwerte wurden in diesem Zeitraum weit unterschritten. Nitrat, Nitrit, Phosphor, alles in Ordnung. Das im Bodden gefundene Phenol gehört jedoch nicht zu den Stoffen, die regelmäßig überwacht werden. Doch weil es ein Feststoff ist, wäre es nach Angabe des Kläranlagenbetreibers theoretisch möglich, diesen über die verschiedenen Bereiche der Kläranlage (Rechenanlage, Sandfang, Vorklärung, Nachklärung, Zusatzfiltration) herauszufiltern.

Das Umweltministerium teilt darüber hinaus mit, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass das Phenol in toxischem Ausmaß über die Kläranlage ins Wasser gelangt sei. Sollte das Phenol für das Fischsterben verantwortlich sein, hätte es auch die biologischen Prozesse in der Kläranlage zum völligen Zusammenbruch bringen müssen. Damit wäre die Leistungsfähigkeit der Kläranlage nicht mehr gegeben, was anhand der Messwerte sichtbar würde. Hier gibt es jedoch keine Auffälligkeiten.

Nichtsdestotrotz gehört das Phenol aus der Perspektive des Gewässerschutzes zur Gruppe der Spurenstoffe. Diese könnten zwar durch eine sogenannte vierte Reinigungsstufe weitgehend eliminiert werden. Doch diese besondere Form der Abwasserreinigung ist für die Kläranlagen in MV nicht vorgeschrieben. Entsprechend ihres Anforderungsprofils gelingt es der Kläranlage in Bergen lediglich, Spurenstoffe teilweise abzubauen und zu reduzieren.


Erneut sollen Maßnahmen entwickelt werden

So liegt die Ursache des Fischsterbens im Kleinen Jasmunder Bodden weiterhin im Dunkeln. Doch der Blick geht voraus. Das Umweltministerium teilt mit, dass die beteiligten Experten/innen Maßnahmen entwickeln, die „das stark mit Nährstoffen belastete Gewässer langfristig wieder in einen guten ökologischen Zustand bringen sollen". Umweltminister Till Backhaus (SPD) begrüßt diese Verabredung, denn es solle nichts unversucht gelassen werden, um dem Gewässer wieder auf die Beine zu helfen.

Dabei veröffentlichte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (Stalu VP) bereits 2014 einen Managementplan und konkrete Vorschläge, wie die Wasserqualität des Kleinen Jasmunder Boddens verbessert werden kann. Seitdem gab es einige Gespräche, doch umgesetzt worden ist bisher nichts. Eine Machbarkeitsstudie habe einen hohen Kostenaufwand festgestellt, erklärt das Umweltministerium. Deshalb sei das Stalu bemüht, einen externen Träger zu finden, der die erforderlichen Maßnahmen als Kompensationsleistung für eigene Eingriffe in die Natur – etwa bei Bauvorhaben – durchführen könnte. Bisher ist dies jedoch nicht gelungen.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Förderung über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Der Kleine Jasmunder Bodden gehört zum europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 und könnte, sofern die EU entsprechende Mittel bewilligt, als besonders bedeutsames Vorhaben eingestuft werden. Doch auch hier müssen zunächst verkehrs- und bautechnische sowie wasserbauliche Fragen geklärt werden. Das wesentliche Problem des Kleinen Jasmunder Boddens ist ein Verkehrsdamm für Schienen und Straße, der ihn vom Großen Jasmunder Bodden trennt. Lediglich eine Schleuse im Damm sorgt für den Wasseraustausch zwischen beiden Gewässern. „Da kann nicht mehr durchlaufen als das, was durchpasst“, erklärt Torsten Schulze. Um den Wasseraustausch zu verbessern, müsste gebaut werden. Aber „dann reißt man den Damm auf. Und wenn man den Damm aufreißt, dann können weder Züge noch Autos fahren“. Die Hauptverkehrsanbindung in den Norden der Insel Rügen wäre gekappt.

Voraussichtlich, so erklärt das Umweltministerium, ist ein Planfeststellungsverfahren notwendig, das mehrere Jahre dauern kann. Die Umsetzung komplexer Projekte wie der Wiederherstellung des Kleinen Jasmunder Boddens ist entsprechend langwierig.

 

 

Nr.027/2022  | 04.02.2022  | LM  | Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt

 

Erneut haben am Vormittag (04.02.2022) Experten über die mögliche Ursache des Fischsterbens im Kleinen Jasmunder Bodden beraten. Unter der Leitung des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (StALU)  diskutierten Mitarbeiter des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF), des Landesamtes für Umwelt-, Naturschutz und Geologie (LUNG), des Landesanglerverbandes, des Deutschen Meeresmuseums, des Wasser- und Bodenverbandes Rügen, des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie des WWF und des auf  Schadstoff­untersuchungen spezialisierten Labors KIWA, welche neuen Untersuchungsergebnisse auf die Ursache des Fischsterbens schließen lassen könnten.

Das Untersuchungsergebnis von Sedimentproben steht derzeit noch aus. Bei den zuletzt vorgenommenen vertieften Untersuchungen wurde ein als fischgiftig geltender Stoff identifiziert, allerdings nur in sehr geringer Konzentration. Diese Substanz kann sowohl beim Abbau natürlicher Stoffe wie Holz entstehen. Sie findet sich aber auch als Industriechemikalien in zahlreichen Produkten und Anwendungsbereichen. Weitere Probenahmen sollen folgen, um auszu­schließen, dass der Stoff auch in einer tatsächlich fischtoxisch wirksamen Konzentration in dem Gewässer auf der Insel Rügen vorkommt.

Darüber hinaus wurde beschlossen, dass in der kommenden Woche wissenschaftlich begleitete Befischungen abgestimmt werden sollen, um einen Überblick zu erhalten, wie weit der Fischbestand beeinträchtig ist und ob das Fischsterben noch andauert.

Die Experten verabredeten, Maßnahmen zu entwickeln, die das stark mit Nährstoffen belastete Gewässer langfristig wieder in einen guten ökologischen Zustand bringen sollen.

Umweltminister Dr. Till Backhaus begrüßt diese Verabredung. Es solle nichts unversucht gelassen werden, um dem Gewässer wieder auf die Beine zu helfen, sagte der Minister im Nachgang der Konferenz.

 

 

Fischsterben_Gift

 

 

 

Nr.014/2022  | 19.01.2022  | LM  | Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt

 

Am Vormittag haben Experten des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF), des Landesamtes für Umwelt-, Naturschutz und Geologie (LUNG), des Landesanglerverbandes, des Deutschen Meeresmuseums, des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt sowie des WWF unter der Leitung des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) per Web-Konferenz über die mögliche Ursache für das Fischsterben auf Rügen diskutiert.  Dabei wurden die bisher entwickelten und zum Teil bereits veröffentlichten Hypothesen intensiv auf ihre Stichhaltigkeit überprüft.

Nach bisherigem Kenntnisstand konnte keine der zahlreichen Theorien die Fachleute uneingeschränkt überzeugen und den Grund für das Fischsterben erklären. Ausgeschlossen haben die Fachleute jedoch, dass die Fische im Bodden an Sauerstoffmangel aufgrund einer Eisdecke verendet sind. Auch eine Fischseuche  wurden als Ursache des massiven Fischsterbens ausgeschlossen.

Bis zur Mitte der kommenden Woche sollen nun die Ergebnisse der noch laufenden Untersuchungen bewertet und die verbliebenden Erklärungs­ansätze erneut auf Plausibilität geprüft werden. Möglich ist aber auch, dass die Ursache nicht mehr zweifelsfrei ermittelt werden kann. 

Erfreut nahmen die Konferenz­teilnehmenden zur Kenntnis, dass das Fischsterben im Kleinen Jasmunder Bodden inzwischen beendet zu sein scheint.

 

 

 

Donnerstag, 13. Januar 2022 Insel Rügen Ostseezeitung

 

Helfer rücken ab – Fischsterben geht offenbar weiter

 

25 Tonnen Fischkadaver wurden auf und am Kleinen Jasmunder Bodden eingesammelt

 

Gestern wurde die zweite Mulde voller Fischkadaver aus Lietzow abtransportiert

fischtransport

.foto: Maik Trettin

 

Lietzow. Die Bergung der Fischkadaver auf und am Kleinen Jasmunder Bodden ist vorerst beendet. Am Mittwoch Abend brach das Technische Hilfswerk (THW) seine Zelte in Lietzow ab; die Einsatzfahrzeuge wurden wieder zurück in die Garagen beordert. Zuvor war eine zweite Kippermulde mit Fischkadavern zur Tierkörperbeseitigungsanlage abtransportiert worden.

Drei Tage lang hatten Ehrenamtler vom THW aus Bergen, Stralsund und Wolgast gemeinsam mit Mitarbeitern des Biosphärenreservats Südost-Rügen, mit Anglern und mit engagierten Einwohnern auf dem Wasser und in den Uferbereichen tote Fische eingesammelt. Sven Rüchel vom THW schätzt die Menge auf insgesamt 25 Tonnen. Die Helfer waren auch am Dienstag bei Nebel und eisigen Temperaturen in ihren Wathosen ins Wasser gestiegen, um die Kadaver zu bergen. Im Wasser habe sich mancher Helfer wohler gefühlt als an Land: Die Temperatur des Boddens ist noch immer höher als die der Luft. Unter anderem wegen einer angekündigten Wetteränderungen soll die Aktion aber vorerst ausgesetzt werden. Das hat das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) erklärt.

Doch noch immer treiben Fischkadaver an der Wasseroberfläche und im Spülsaum des Boddens – nicht nur des Kleinen. Laut Informationen von OZ-Lesern sollen auch im Großen Jasmunder Bodden bei Weddeort in der Nähe von Glowe übermäßig viele tote Fische in Ufernähe gesichtet worden sein. Auch auffallend viele tote Vögel wurden im Wasser und in Gewässernähe gefunden, etwa tote Möwen und Schwäne. Augenzeugen berichten, dass in der Schleuse zwischen Großem und Kleinem Jasmunder Bodden zwei tote Graureiher trieben. Das ist zumindest ungewöhnlich. Ob es mit dem Fischsterben zusammenhängt – diese Vögel ernähren sich hauptsächlich von Fisch – ist ebenso unklar wie die Ursache der aktuellen Umweltkatastrophe

Die wird derzeit von verschiedenen Fachleuten untersucht. So lässt beispielsweise die Umweltorganisation Greenpeace Wasserproben und Fischkadaver untersuchen. Den Wissenschaftlern der Tierärztlichen Hochschule Hannover waren beim Sezieren der Tiere keine ungewöhnlichen pathologischen Veränderungen aufgefallen. Weitergehende mikrobiologische Untersuchungen laufen noch, teilte die Hochschule auf Anfrage mit.

Matthias Wolters, Leiter des Stalu in Vorpommern, war auch gestern am Bodden unterwegs, um sich ein Bild von der aktuellen Lage zu machen. Auch wenn die Helfer vorerst abgezogen sind: „Wir werden die Entwicklung im Blick behalten und gegebenenfalls reagieren“, sicherte er zu. Die Hoffnung, dass das Fischsterben vorüber sein könnte, scheint sich jedenfalls zu zerschlagen. Wie Helfer berichteten, seien auch am Mittwoch Fische gefunden worden, die mit dem Tod kämpften.

 

Maik Trettin

 

Dienstag, 11. Januar 2022 Insel Rügen

Zehn Tonnen toter Fische eingesammelt

Von Uwe Driest in der OZ

 

Nach dem Tod von abertausenden Fischen riefen Angler und Hilfsorganisatio-nen zur großen Sammelaktion. Rund 70 Helfer entnahmen tonnenweise tote Fische aus den Uferbereichen des Keinen Jasmunder Boddens. Über Ursachen kann vorerst weiter nur spekuliert werden.

 

Brassen1

Ganz überwiegend wurden Brassen gefunden, aber nicht nur. Andreas Hommann vom Kreisanglerverband zeigt eine Flunder und ein weiterer Angler hält einen Zander hoch

 

 

Lietzow. Die Ursache bleibt vorerst weiterhin im Dunkeln, aber eines lässt sich bereits jetzt sagen: Das massenweise Sterben der Fische im Großen und Kleinen Jasmunder Bodden hat das Ausmaß einer veritablen Umweltkatastrophe. Am Montag begann nun zunächst eine großangelegte Sammelaktion, um tote Tiere zumindest aus den flachen Uferbereichen zu entnehmen. Rund 70 Helfer von Anglerverband, Technischem Hilfswerk (THW) und Biosphärenreservat Südostrügen machten sich unter Leitung des Staatlichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt (Stalu) daran, mit großen Forken bewehrt, Fische aller Größen und Arten aus dem Schilfgürtel zu sammeln. „Ich stehe kaum zehn Minuten an dieser Stelle und habe schon einen blauen Sack voll“, ruft einer der rund 40 helfenden Angler erstaunt angesichts des Ausmaßes.

 

Dabei hatte der Wind die meisten der Kadaver ans Ostufer des Bodden vor Prora getrieben. Dort war ein Zug des THW im Einsatz und hatte allein auf einem etwa 50 Meter langen Abschnitt etwa eine Tonne toter Fische geborgen. „Wir sind mit 25 Kameraden aus Bergen, Stralsund und Wolgast hier, die zwei Boote des Havariekommandos und einen Kran mitführen“, sagt THW-Einsatzleiter Heiko Blath. Der Kran wird benötigt, um die große Container-Mulde zu bewegen, in der die Fische letztlich gesammelt wurden. Auch Zelte, um sich angesichts der Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt aufzuwärmen, hatte das THW aufgebaut. „Denkt an Eure Gesundheit – das Wasser ist kalt“, rief Blath den Helfern zu, die sich mit Watthosen und Handschuhen ausgestattet an die Arbeit machten.

 

Auf das massenweise Sterben der Fische des Gewässers waren Angler schon vor Weihnachten aufmerksam geworden. Am 22. Dezember soll die Wasserschutzpolizei informiert worden sein, die jedoch möglicherweise die Informationen nicht weitergeleitet habe, glaubt einer von ihnen. So habe es bis zu Beginn dieser Woche gedauert, bis es zu der Hilfsaktion gekommen sei. „Für die Rufbereitschaft des Stalu war keine Ursache erkennbar und auch das Ausmaß der Katastrophe war zunächst nicht bekannt“, sagt Matthias Wolters, Leiter des Stalu. Über die Ursache könne nur spekuliert werden, solange keinen weiteren Auswertungen vorlägen.

 

In der Bevölkerung kursieren derweil teils abenteuerliche Versionen, die von Altlasten der NVA bis hin zu zwei alliierten Bombern reichen, die auf dem Rückflug von Berlin über dem Bodden abgeschossen worden seien. Auch von einer Methanblase und Pestiziden war die Rede. Um die Wendezeit herum wäre schon einmal eine vergleichbare Sammelaktion notwendig gewesen, erinnert sich Wolfgang Frank von der Tauchstation in Prora.

 

Erste Proben des Wassers hätten keine Hinweise gegeben, so Mario Voigt, vom Landesanglerverband. „Alle Parameter wie Sauerstoffsättigung sind im Bereich des Normalen.“ Auch die Kläranlage sei nicht defekt. „Es kann eigentlich nur ein Gift sein“, glauben mehrere der Helfer. „Da wir keine gestiegenen Werte von Nitrat und Nitrit festgestellt haben, dürfte es sich diesmal nicht um Überdüngung aus der Landwirtschaft handeln“, meint Manfred Santen. Der Chemiker entnahm am Montag Wasserproben im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace. „Wir müssen nun systematisch schauen, um welche Schadstoffe es sich handelt.“ Weitere Messergebnisse könnten Mittwoch oder Donnerstag vorliegen. „Bis dahin bleibt es ein Rätsel“, so Santen. Untersuchungen der Kadaver durch die Tierärztliche Hochschule Hannover lägen kaum vor Ende der Woche vor, sagt auch Sprecherin Sonja von Brethorst.

 

Das Sterben betrifft alle Arten von Fischen. Hauptsächlich sind es Brassen, aber eben nicht nur, weiß Andreas Hommann vom Kreisanglerverband und hält eine Flunder hoch, während ein Vereinskamerad in die Kiemen eines großen Zander greift. „Bis Du so einen Zander fängst, gehst Du 30 Mal angeln“, meint der. „Die meisten Barsche liegen auf dem Grund“, glaubt Hommann. Wenn die Schwimmblase platze, würden die Tier absinken. Funde von toten Möwen oder eines Wildschweins seien nicht mit dem Fischsterben in Verbindung zu bringen“, meint Stalu-Leiter Wolters. Daher bestünde kein Anlasse, vor dem Verzehr zu warnen.

 

Insgesamt wären es am Ende mehr als zehn Tonnen Fisch gewesen, die den Groß-Container gefüllt hätten, so Wolters. Die werden durch ein Fachunternehmen für Tierkörperbeseitigung aus Malchin entsorgt. Am Dienstag wird die Sammelaktion fortgesetzt.

Dienstag, 11. Januar 2022 Insel Rügen

 

 

 

OZ Webseite am 6.01. : Maik Trettin

 

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